FKM (Fluorkautschuk)

Was ist FKM?

Unter dem Sammelbegriff Fluorkautschuk (FKM) verbergen sich eine ganze Reihe verschiedener fluorhaltiger Kautschukpolymere. Alle Fluorkautschuke besitzen als Monomerbaustein 1,1-Difluorethen, das auch unter dem Trivialnamen Vinylidenfluorid bekannt ist. 1,1-Difluorethen enthält eine Doppelbindung, über die die Vernetzungsreaktion zum gewünschten Fluorkautschuk stattfinden. Für diese, als Copolymerisation bezeichnete Reaktion, können verschiedene Monomere eingesetzt werden, die die Eigenschaften der Fluorkautschukprodukte erheblich beeinflussen.

FKM oder Viton – zu den Bezeichnungen

Der Begriff Viton ist der von dem US-amerikanischen Unternehmen DuPont eingeführte Markennamen für Fluorelastomere.
Auf internationaler Ebene hat sich der der Begriff FKM als Abkürzung für Fluorkautschuke durchgesetzt. Die ISO kürzt alle Fluorelastomere unter der Kurzbezeichnung FKM ab, in Deutschland wird laut DIN die Kurzbezeichnung FPM eingesetzt.

Eigenschaften von FKM

Generell zeichnen sich Fluorkautschuke durch hohe Beständigkeiten sowohl im physikalischen als auch im chemischen Bereich aus. In Abhängigkeit der eingesetzten Copolymere variieren diese Eigenschaften.


Physikalische Eigenschaften

Fluorkautschuke zeichnen sich allgemein durch eine sehr geringe Gasdurchlässigkeit aus. Zudem besitzen sie einen hohen spezifischen Durchgangswiderstand, was bedeutet, dass sie elektrisch isolierend sind. Schließlich zeigt das Material eine hohe Abriebfestigkeit.


Mechanische Eigenschaften

Generell zeichnen sich die Fluorkautschuke durch sehr gute mechanische Eigenschaften aus:.

  • FKM haben eine sehr hohe Zerreißfestigkeit.
  • FKM zeigen eine sehr geringe Stoßelastizität.
  • Die Reißdehnung von FKM liegt zwischen 100 % und kann bis zu 300 % betragen.
  • Die Verformung durch äußeren Druck, der sogenannte Druckverformungsrest, ist gering.

Thermische Eigenschaften

FKM sind gegenüber hohen Temperaturen von bis zu 200 °C beständig, allerdings nur bis -20 °C, maximal -40 °C, kältebeständig. Mit höherem Fluorgehalt steigt zwar die Temperaturbeständigkeit, zugleich nimmt aber auch die Sprödigkeit bei tieferen Temperaturen zu. Fluorkautschuke sind zudem nicht brennbar.


Chemische Eigenschaften

Fluorkautschuke haben eine sehr hohe Beständigkeit gegenüber einer ganzen Reihe von Chemikalien, wie

  • Säuren
  • Laugen
  • aliphatische, aromatische und halogenierte Kohlenwasserstoffe
  • pflanzliche Öle und tierische Öle
  • Kraftstoffe
  • Silikon- und andere Mineralöle

Fluorkautschuke sind gegenüber Kraftstoffen und Mineralölen nicht nur beständig, sondern sie quellen auch in diesen Flüssigkeiten nicht auf. Aus diesem Grund eignen sie sich für alle Produkte, die diesen Flüssigkeiten längere Zeit ausgesetzt sind. Schließlich zeigen Fluorkautschuke auch eine gute Witterungs- und Alterungsbeständigkeit sowie eine hohe Resistenz gegenüber weiteren äußeren Einflüssen, wie Ozon und UV-Licht. Nur gegenüber heißem Wasserdampf sowie Alkoholen und polaren Lösungsmitteln sind sie chemisch unbeständig.

FKM Material/Typen

FKM ist eine Sammelbezeichnung für die folgenden verschiedene Typen an Fluorkautschuk.


FKM Copolymere

FKM-Copolymere bestehen aus zwei verschiedenen Polymeren. Die bekanntesten Typen bestehen aus den Monomeren Vinylidenfluorid und Hexafluorpropylen.


Vinylidenfluorid (VDF)

Vinylidenfluorid, dessen chemisch korrekte Bezeichnung 1,1-Difluorethen lautet, ist ein hochentzündliches, farbloses Gas. Es besitzt eine Doppelbindung, über die die Vernetzungsreaktion erfolgt und die für die Reaktivität des Gases verantwortlich ist. Bei höheren Temperaturen ist Vinylidenfluorid chemisch instabil und zudem leicht polymerisierbar.


Hexafluorpropylen (HFP)

Hexafluorpropen, auch als Hexafluorpropylen bekannt, ist ebenfalls ein reaktives, farb- und geruchloses Gas. Auch dieses reagiert über die im Molekül vorhandene Doppelbindung.


FKM Terpolymere

Analog zu den Copolymeren bestehen Terpolymere aus drei verschiedenen Monomertypen. Dazu zählen die bereits erwähnten Komponenten Vinylidenfluorid und Hexafluorpropylen. Als drittes Monomer wird sehr häufig Tetrafluorethylen eingesetzt. Dieses verleiht den daraus entstandenen Fluorkautschuken eine höhere Chemikalien- und Temperaturbeständigkeit


Tetrafluorethylen (TFE)

Tetrafluorethylen ist ein chemisch instabiles und aufgrund seiner Doppelbindung sehr reaktives Gas. Da es sehr leicht zerfällt, wird es unter Zugabe eines Stabilisators gelagert.

FKM Herstellung

Fluorkautschuk entsteht in einer Polymerisationsreaktion von Vinylidenfluorid mit den bereits aufgeführten Monomeren. Je nachdem, welche Monomere für die Reaktion eingesetzt werden, entstehen unterschiedliche Fluorkautschuke. Die Polymerisationsreaktion wird unter hohem Druck durchgeführt, um die daran beteiligten, bei Raumtemperatur gasförmigen Monomere in den flüssigen Zustand zu überführen. Dadurch kann die eigentliche Polymerisation in Lösung als sogenannte Emulsionspolymerisation bei Temperaturen zwischen +80 °C und +125 °C durchgeführt werden.

Verarbeitung von FKM

Fluorkautschuke können auf verschiedene Arten weiterverarbeitet und vernetzt werden. Dabei stehen drei verschiedene Verfahren zur Verfügung.
Die sogenannte diaminische Vernetzung nutzt hierfür “blockierte Diamine”, um die einzelnen Polymerketten zu verbinden. “Blockiert” bedeutet dabei, dass die eigentlich für die Reaktion vorhandenen, reaktiven Amingruppen mit einem anderen Molekül, einer sogenannten Schutzgruppe, verknüpft sind. Nur unter bestimmten Bedingungen, in diesem Fall unter basischen, wird diese Verknüpfung wieder gelöst; zugleich wird auch Vinylidenfluorid unter basischen Bedingungen aktiviert. Auf diese Weise kann die Polymerisationsreaktion gesteuert und unter kontrollierten Bedingungen ablaufen.

Im sogenannten bisphenolischen Mechanismus werden Bisphenol AF sowie ein sogenanntes quarternäres Phosphoniumsalz eingesetzt. Dabei handelt es sich um eine Phosphorverbindung mit vier verschiedenen Resten und die einfach positiv geladen ist. Mit Hilfe dieser beiden Komponenten, die in der Polymerisationsreaktion als Vernetzer dienen, werden die Polymerketten untereinander verbunden.

Ein drittes Verfahren, das sogenannte “Triazinverfahren”, nutzt Peroxide, um den Vernetzungsprozess zu starten. Diese zerfallen und bilden reaktive Komponenten, die sogenannten freien Radikale. Triazine gehören zu den aromatischen Verbindungen, deren bekanntester Vertreter das Benzol ist. Das Triazinmolekül enthält drei Stickstoffatome und dient als Vernetzungskomponente. Die Polymerisation nach dem Triazinverfahren wird beispielsweise dann eingesetzt, wenn Perfluormethylvinylether (PMVE) eine der Monomerkomponenten ist. Dieses kann in den anderen beiden Verfahren nicht verwendet werden, da es bei diesen selbst chemisch angegriffen würde, so dass keine adäquate Vernetzungsreaktion zustande käme.

FKM Verwendung

Fluorkautschuk wird als Material immer dann eingesetzt, wenn hohe Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit gefragt sind. Eine der ersten Einsatzbereiche war die Luft- und Raumfahrt, die aufgrund ihrer extremen Bedingungen besondere Materialien, insbesondere für Dichtungen, benötigt. Ein zweiter großer Einsatzbereich ist die Automobilindustrie. Auch hier werden viele Komponenten, etwa Schläuche und Dichtungen, aus Fluorkautschuk eingesetzt.


FKM in der Luft- und Raumfahrtindustrie

Der unter dem Namen Viton weltweit erste synthetische Fluorkautschuk wurde speziell für die Ansprüche der Luft- und Raumfahrt entwickelt. Als chemisch und thermisch beständiger Synthesekautschuk, der unter extremen Bedingungen seine elastischen Eigenschaften behält, erfüllte er die Anforderungen dieser Industriebereiche in besonderem Maße. In der Zwischenzeit wurden noch leistungsfähigere Elastomere auf der Basis von FKM entwickelt.


O-Ringe aus FKM

O-Ringe aus Fluorkautschuk werden eingesetzt, wenn eine hohe Temperatur- und/oder eine hohe Chemikalienbeständigkeit gefordert sind. Gleichzeitig besitzt dieses Polymer einen geringen Druckverformungsrest, das heißt, es verformt sich unter Druck nicht oder nur sehr wenig. Auch diese Eigenschaft ist bei O-Ringen gefordert, da sie zwei Formteile gegeneinander fest abdichten sollen.


Dichtungen aus FKM

Neben O-Ringen gibt es auch Flach- oder Profildichtungen. In vielen Bereichen, wie z. B. der Automobil- oder der Erdölindustrie, werden Dichtungen aus Fluorkautschuk eingesetzt.


Schläuche aus FKM

Vor allem in der chemischen Industrie werden oftmals Schläuche aus Fluorkautschuk eingesetzt.
Aber auch Kraftstoffschläuche, die an Tankstellen oder für den Erdöltransport eingesetzt werden, bestehen häufig aus Fluorkautschuk.


Handschuhe aus FKM

Für den Umgang mit aggressiven Materialien oder wenn Gasdichtigkeit gewährleistet sein soll, werden Handschuhe aus 100 % Fluorkautschuk eingesetzt. Damit sind es vor allem Mitarbeiter in Laboratorien oder der chemischen Industrie, die für den Umgang mit Chemikalien Handschuhe aus Fluorkautschuk verwenden.

Fluorkautschuk im Vergleich zu ähnlichen Materialien

Fluorkautschuk gehört aufgrund seiner eingebauten Fluoratome zu den beständigsten Materialien im Kunststoffbereich.


EPDM und Viton im Vergleich

EPDM (Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk), gehört ebenfalls zu den Synthesekautschuken. EPDM zeichnet sich, ähnlich wie FKM, durch eine hohe Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit aus. Außerdem ist es gegenüber Witterungseinflüssen, wie Ozon oder UV-Licht ebenfalls sehr beständig.
Vorteilhaft hinsichtlich FKM ist die zusätzliche Beständigkeit von EPDM gegenüber heißem Wasser und Dampf, weshalb viele Schläuche gerade aus EPDM gefertigt werden. Dagegen ist EPDM gegenüber Kraft- und Mineralölen nicht beständig.
Beide Kautschuktypen werden gern für Dichtungen eingesetzt, sowohl für Flachdichtungen als auch für O-Ringe.


Viton und Buna im Vergleich

Buna ist ein Synthesekautschuk, der aus den beiden Monomeren Butadien und Styrol hergestellt wird. Eine weitere geläufige Abkürzung für Buna ist SBR, die für Styrol-Butadien-Rubber steht. Buna zeigt sehr gute mechanische Eigenschaften, wie beispielsweise hohe Festigkeit und Abriebfestigkeit. Gegenüber FKM zeigte Buna allerdings eine geringere Elastizität und verringerte Alterungsbeständigkeit. Auch gegenüber Mineralölen und -fetten ist es viel weniger beständig. Buna wird vor allem aufgrund seiner guten Abriebfestigkeit hauptsächlich für die Herstellung von PKW-Reifen verwendet.


Buna-N und Viton im Vergleich

Buna-N, das auch unter den Bezeichnungen NBR oder Nitrilkautschuk bekannt ist, wird aus den beiden Komponenten Acrylnitril und Butadien hergestellt. Darauf verweist auch das Kürzel NBR, da für Nitrile-Butadiene-Rubber steht. Dieser synthetische Kautschuk zeigt, wie auch FKM, eine gute Beständigkeit gegenüber Mineralölen, -fetten und Kraftstoffen. Daher wird NBR auch gern als preisgünstige Alternative zu FKM für Dichtungen, O-Ringe sowie verschiedenste Schläuche eingesetzt, die mit den genannten Chemikalien in Kontakt kommen. Allerdings zeigt Buna-N eine geringere Ozon-, Witterungs- und Alterungsbeständigkeit als Materialien aus Fluorkautschuk. Auch die Resistenz gegenüber hohen Temperaturen ist geringer als bei FKM.


HNBR und Viton im Vergleich

Das Kürzel HNBR steht für “Hydrogenated Nitrile Butadiene Rubber”, auf Deutsch hydrierter Nitrilkautschuk. Vom chemischen Aufbau sowie den Eigenschaften her ähnelt er NBR, ist allerdings beständiger gegenüber Witterungseinflüssen, Ozon und UV-Licht. Auch die thermischen Eigenschaften sind gegenüber NBR verbessert. HNBR wird ebenfalls für Dichtungen, O-Ringe oder Schläuche eingesetzt. Aufgrund seiner sehr ähnlichen Eigenschaften zu FKM ist es –vor allem aus ökonomischer Sicht – eine gute Alternative zu Fluorkautschuk.


Aflas und Viton im Vergleich

Aflas, auch als FEPM bekannt, ist ein Copolymer aus den beiden Komponenten Tetrafluorethylen und Polypropylen. Aufgrund seines hohen Fluorgehalts ähnelt es in vielen Eigenschaften dem normalen FKM. So sind chemische und thermische Eigenschaften nahezu identisch, während mechanische Eigenschaften, wie der Widerstand gegenüber Verformung bei Druck, etwas schlechter sind.

Dipl.-Ing. Thorsten Sattler-Lägel

Als Geschäftsführer der Sattler GmbH ist es mir ein stetes Anliegen, unseren Kunden nicht nur als Handelspartner zu begegnen, sondern als kompetenter Beschaffungsdienstleister für Anwendungen im Kunststoff- und Kautschukbereich. Ich bin Ingenieur mit Haut und Haar und am leidenschaftlichsten, wenn ich technische Detailfragen lösen kann, um anspruchsvolle, maßgeschneiderte Lösungen zu schaffen.

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