HNBR (Hydrierter Acrylnitrilbutadien-Kautschuk)

Was ist HBNR?

Der Werkstoff HNBR wird mittels selektiver Hydrierung von NBR (Nitrile Butadiene Rubber = Acrylnitril-Butadien-Kautschuk) hergestellt. Hierzu werden die reaktiven Doppelbindungen aus dem NBR entfernt. Dies vermindert die Reaktionsfähigkeit mit Sauerstoff, womit HNBR deutlich hitzebeständiger als NBR wird. Dadurch ist dieser Werkstoff ein bewährtes Material, insbesondere für Zahnriemen in der Automobilindustrie.

Er ist wesentlich teurer als NBR und wird daher für spezielle Anwendungen wie Zahnriemen, O-Ringe, Membranen, Bälge und Radialwellendichtringe eingesetzt, die einen weiten Temperaturbereich erfordern. Durch seine Eigenschaften kommt er ebenso in der Lebensmittelindustrie – beispielsweise in Molkereien und der Getränkeindustrie – als Werkstoff für Klappendichtungen zum Einsatz. Besonders bei fetthaltigen Medien stellt HNBR die beste Lösung dar.

HNBR Definition (Kurzfassung)

HNBR ist die Kurzbezeichnung für Hydrierter Acrylnitrilbutadien-Kautschuk. Er wird durch die selektive Hydrierung von NBR hergestellt.

Die Eigenschaften von HNBR

HNBR besitzt gegenüber NBR folgende Eigenschaften:

  • Hitzebeständigkeit bis zu 150 °C für peroxidisch vernetzten HNBR-Kautschuk.
  • Gute mechanische Eigenschaften und Abriebfestigkeit.
  • Gute Beständigkeit gegen Witterungseinflüsse und Ozon.
  • HNBR ist in den Härtebereichen Shore A 45-98 erhältlich und somit an die Aufgaben anpassbar.

Physikalische Eigenschaften von HNBR

Hydrierter Acrylnitrilbutadien-Kautschuk als ein aus NBR hergestelltes Vulkanisat ist hervorragend gegen Öle, Fette und Kohlenwasserstoffe beständig. Das Alterungsverhalten ist günstig für industrielle Anwendungen und bei mechanischer Belastung ist ein geringer Abrieb zu verzeichnen. Durch den Anteil an Acrylnitril im Bereich von 18 % – 50 % lassen sich gezielt die nachfolgend genannten Eigenschaften beeinflussen: Quellbeständigkeit, Gasdurchlässigkeit, Kälteflexibilität und Druckverformungsrest. Bei 18 % Acrylnitrilanteil ist das Material bis zu -38 °C Tieftemperatur flexibel.

Die Öl- und Kraftstoffbeständigkeit ist mäßig akzeptabel. Dagegen sind HNBR-Produkte mit 50 % Acrylnitrilanteil eher für den Bereich über -3 °C geeignet und dafür aber mit optimalen Eigenschaften bezüglich Kraftstoff- und Ölbeständigkeit versehen. Elastizität und Gasdurchlässigkeit vermindern sich somit mit steigenden Acrylnitrilanteil. Der Druckverformungsrest verschlechtert sich ebenfalls.

Dieser Synthesekautschuk bildet die Basis für Werkstoffe in unterschiedlichsten Anwendungsgebieten aufgrund seiner technologischen Eigenschaften. Radialwellendichtringe, Hydraulik- und Pneumatikdichtungen, Zahnriemen und O-Ringe werden auf der Basis dieses Werkstoffes HNBR hergestellt. Das Material kommt außerdem in vielerlei Dichtungen, Schläuchen, Gummihandschuhen und Gummifäden zum Einsatz.


HNBR – Beständigkeit bzw. chemische Stabilität

  • Gegenüber Butan, Propan, Mineralölen und Benzin weist HNBR eine gute Quellbeständigkeit auf.
  • Dies gilt ebenfalls für pflanzliche und tierische Öle sowie Fette.
  • Schmieröle und Hydrauliköle der Gruppen H, H-L, H-LP und Fette auf Mineralölbasis.
  • Schwerentflammbare Druckflüssigkeiten der Gruppen HFA, HFB und HFC.
  • Leichtes Heizöl und Dieselkraftstoff sind Stoffe, gegenüber denen HNBR quellbeständig ist.
  • Bei Superkraftstoffen ist eine mittlere Quellbeständigkeit zu verzeichnen.
  • In aromatischen Kohlenwasserstoffen wie Benzol oder Trichlorethylen ist HNBR stark quellend.
  • Dies gilt für Ester, Bremsflüssigkeiten auf der Basis von Glycolether und polare Lösungsmittel.

HNBR – Dichte

Die Dichte ist eine sogenannte Stoffkonstante, die auch bei unterschiedlichen Abmessungen des Prüflings immer gleich ausfällt. Die Prüfung der Dichte geht einfach, schnell und kann in einer Vielzahl von Fällen Auskunft über die eingesetzte Elastomermischung geben. Zur Bestimmung der Dichte von Hydrierten Acrylnitrilbutadien-Kautschuk und von Elastomeren im Allgemeinen hat sich folgendes Verfahren durchgesetzt: das “Archimedische Prinzip”. Der Prüfling wird erst in Luft gewogen und anschließend in Spiritus oder Ethanol. Mit Wasser geht es zwar einfacher, aber es treten schneller Messfehler auf. Dies ist in der hohen Oberflächenspannung begründet. Spezielle Dichtewaagen berechnen dann anhand des Auftriebes automatisch die jeweilige Werkstoffdichte.

Das Verfahren klingt simpel, bedarf jedoch einer gewissen Erfahrung. Bei geschäumten Elastomeren erfolgt die Dichtebestimmung wiederum anders. Um in diesem Fall die Dichte zu ermitteln, werden spezielle Drahtkörbchen eingesetzt. Hier hilft die Berechnung des Volumens und die Ermittlung vom Gewicht eines Probekörpers. Anhand dieser beiden Werte lässt sich schließlich die Dichte berechnen.

Die Dichte ist nicht nur vom Basiselastomer abhängig. Füll- und Zuschlagstoffe bei der Herstellung verändern ebenfalls die Dichte. Daher werden die einzelnen Elastomerfamilien in bestimmte Dichtebereiche eingeordnet. Diese überlappen sich leider. Fluorelastomere wie FKM/FFKM sind beispielsweise einfach an der hohen Dichte von 1,8-2,6 g/cm³ zu erkennen. NBR und HNBR wiederum haben eine Dichte im Bereich von 1,10-1,45 g/cm³. Somit lassen sich mit der Dichtebestimmung Verwechslungen, beispielsweise beim Einsatz von O-Ringen, ausschließen.


Mechanische Eigenschaften von HNBR

Hydrierter Acrylnitrilbutadien-Kautschuk ist in seinen mechanischen Eigenschaften sowie seinen chemischen Beständigkeiten eindeutig für vielerlei Anwendungsfälle effektiver einsetzbar als NBR. Es ist zwar teuer als NBR, ist aber aufgrund seiner Eigenschaften ideal für Zahnriemen in Fahrzeugen geeignet. Hier wird neben den besseren thermischen Eigenschaften vor allem die mechanische Widerstandsfähigkeit geschätzt. Diese Festigkeit ist vorwiegend bei Stangen- und Kolbendichtungen gefragt. Ebenfalls sind O-Ringe, Membrane, Bälge und Radialwellendichtringe bevorzugte Einsatzgebiete.

In Windenergieanlagen beispielsweise haben sich Wellendichtringe in Dichtlippenausführung aus HNBR bewährt. Spezielle Dichtringe mit Armierung sind auch in Lagern mit großem Durchmesser einsetzbar. Die sehr hohe Stabilität dieser Dichtringe wird generell sehr geschätzt. Sie werden hierzu speziell aus ozonbeständigen HNBR gefertigt. Wer also denkt, Dichtungen sind anspruchslose Massenware, der irrt: Sie sind ein wesentliches Bauteil um Effizienz, Zuverlässigkeit und Leistung von Lagerungen und Systemen zu gewährleisten. Gleiches gilt selbstverständlich für Zahnriemen in Motoren von Fahrzeugen.


Thermische Eigenschaften von HNBR

Hydrierter Acrylnitrilbutadien-Kautschuk besitzt ausgesprochen gute thermische Eigenschaften. So ist der Wertkstoff in einem weiten Bereich einsetzbar und zeichnet sich durch eine exzellente Tieftemperatur- sowie eine sehr gute Heißluftbeständigkeit aus. Die mechanischen Eigenschaften differieren nur geringfügig in den jeweiligen Bereichen der tiefen oder der hohen Temperaturen.


Temperaturbeständigkeit von HNBR

Hydrierter Acrylnitrilbutadien-Kautschuk wird im Temperaturbereich ab -30 °C bis zu +150 °C eingesetzt. Kurzzeitig sind sogar Temperaturen bis zu 170 °C möglich, wie die speziellen Wellendichtringe der Windkraftanlagen zeigen. Neben den genannten Anwendungen wird HNBW auch häufig in Klimaanlagen eingesetzt. Er ist dabei sehr gut verträglich mit dem Kältemittel R134A und somit erste Wahl bei Klimaanlagen.

Herstellung von HNBR

Hydrierter Acrylnitrilbutadien-Kautschuk ist die hydrierte Version von NBR, auch Nitrilgummi genannt. Beim NBR handelt es sich um ein Copolymer von ACN und 1,3-Butadien. Verbleibende Doppelbindungen von 1,3-Butadien-Monomer-Einheiten sind noch im NBR-Backbone enthalten. Diese Doppelbindungen sind in gewissem Maße anfällig gegen chemische Einflüsse und thermische Zersetzung sowie Oxidation. Daher kann NBR in einem katalytischen Hydrierverfahren zu Hydriertem Acrylnitrilbutadien-Kautschuk hydriert werden.

Der Herstellungsprozess selbst beginnt mit einer Emulsion von polymeriertem NBR. In einem geeigneten Lösungsmittel wird danach dieses Polymer gelöst. Nach Auflösung wird Wasserstoffgas hinzugegeben. Ein Edelmetallkatalysator bewirkt, dass bei einer bestimmten Temperatur und einem bestimmten Druck die selektive Hydrierung der Doppelbindungen vom NBR beginnt. Dabei variiert der Hydrierungsgrad im Bereich von 80% – 95 %. In diesem Bereich werden somit gezielt die unterschiedlichen Eigenschaften vom HNBR erreicht.

Verwendung von HNBR

Hydrierter Acrylnitrilbutadien-Kautschuk wird in vielen Bereichen der Industrie eingesetzt. Dazu zählen der Maschinenbau, Anlagenbau, Medizintechnik, Flugzeugbau und viele weitere Gebiete. Als Produkte werden Zahnriemen, O-Ringe, Lippendichtringe, Bälge und Membrane aus HNBR hergestellt. Das Sortiment ist umfangreich und verschiedene HNBR-Typen ermöglichen die gezielte Anwendung mit speziell bei der Herstellung eingestellten Eigenschaften.


HNBR im Maschinenbau

Im Maschinenbau werden hauptsächlich O-Ringe und Wellendichtringe aus HNBR gefertigt. Durch ihre Eigenschaften gewährleisten sie eine hervorragende Langlebigkeit und somit Betriebssicherheit der so bestückten Anlagen.

HNBR-O-Ringe

Die O-Ringe aus HNBR werden in Bereichen eingesetzt, wo Elastomere wie NBR an ihre Grenzen stoßen. Das aufwendigere Herstellungsverfahren ergibt, das O-Ringe aus HNBR teurer sind als Ringe aus anderen Elastomeren. Diese höheren Kosten relativieren sich allerdings durch die längere Lebensdauer, bessere thermische Beständigkeit und die optimalen Eigenschaften gegenüber chemischen Produkten.


HNBR in der Automobilindustrie

In der Automobilindustrie ist Hydrierter Acrylnitrilbutadien-Kautschuk, eingesetzt als Zahnriemen, nicht mehr wegzudenken. Hier stellt dieser Werkstoff das Optimum dar, um die mechanische Stabilität, Elastizität, Temperaturbeständigkeit und chemische Beständigkeit für diesen Einsatzzweck zu garantieren. Ebenso werden Wellendichtringe aus HNBR gefertigt.


HNBR-Zahnriemen

Der Zahnriemen ist im Automobilbau sowie im Maschinenbau ein Element, welches hohen thermischen Belastungen sowie teilweise Ölen und Fetten sowie Kraftstoffen ausgesetzt ist. Für alle diese Belastungen stellt Hydrierter Acrylnitrilbutadien-Kautschuk einen optimalen Werkstoff dar, denn es ist anderen Elastomeren dabei weit überlegen.


HNBR-Simmerringe

Jeder Motor und jede Turbine arbeitet mit Simmerringen. Diese kommen speziell an Wellen jeder Art zum Einsatz, um den Austritt von Fett oder Öl zu verhindern. Dabei ist eine gute Temperaturbeständigkeit erforderlich. Diese Bedingungen in Verbindung mit der chemischen Widerstandsfähigkeit machen Hydrierten Acrylnitrilbutadien-Kautschuk zu einem idealen Werkstoff für Simmerringe.


HNBR-Faltenbälge

Faltenbälge erfordern eine hohe Elastizität. Dies, in Verbindung mit der hohen Temperaturenbeständigkeit, macht Hydrierten Acrylnitrilbutadien-Kautschuk zu einem hervorragenden Werkstoff für Faltenbälge.

HNBR im Vergleich zu anderen Materialien

  • HNBR vs. NBR: HNBR besitzt gegenüber NBR eine deutlich höhere Temperaturbeständigkeit und ist beständig gegenüber Mineralölen, tierischen und pflanzlichen Fetten sowie HFA- und HFC-Flüssigkeiten. HNBR ist hervorragend einsetzbar mit Dampf, Heißwasser sowie dem Kältemittel R134A. Bei Mineralölen sowie Heißwasser im Bereich bis 150 °C kommt HNBR ebenfalls zum Einsatz, denn NBR verträgt nur Temperaturen bis 100 °C. Hervorzuheben ist ebenfalls die höhere Witterungs- und UV-Beständigkeit von HNBR gegenüber NBR.

  • HNBR vs. VITON: Beim FPM VITON handelt es sich um Fluorkautschuk als eingetragenes Warenzeichen von Du Pont. FPM und FKM ist wesentlich teurer als HNBR. Daher werden oftmals O-Ringe aus HNBR bevorzugt eingesetzt, wenn eine hohe chemische und thermische Beständigkeit erwartet wird. Allerdings geht der Temperaturbereich bei VITON bis über 200 °C gegenüber maximal 150 °C bei HNBR.

  • HNBR vs. EPDM: EPDM ist nicht zu empfehlen, wenn eine Beständigkeit gegen Öl und Benzin erforderlich ist. Hierfür ist HNBR gut geeignet. Ebenso sind Dichte und Härte bei EPDM geringer als bei HNBR.

  • HNBR vs. LATEX: Auch beim Vergleich von HNBR und LATEX ist die bessere Einsetzbarkeit des härteren HNBR in Bereichen mit hoher Temperaturbelastung und geforderter chemischer Beständigkeit gegeben. Somit ergeben sich Vorteile bei Zahnriemen und O-Ringen sowie beim Einsatz als Faltenbalg oder Dichtungsringe für Wellen großer Durchmesser.

Dipl.-Ing. Thorsten Sattler-Lägel

Als Geschäftsführer der Sattler GmbH ist es mir ein stetes Anliegen, unseren Kunden nicht nur als Handelspartner zu begegnen, sondern als kompetenter Beschaffungsdienstleister für Anwendungen im Kunststoff- und Kautschukbereich. Ich bin Ingenieur mit Haut und Haar und am leidenschaftlichsten, wenn ich technische Detailfragen lösen kann, um anspruchsvolle, maßgeschneiderte Lösungen zu schaffen.

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